Warum Trauernde manchmal verrückte Dinge tun

Und was wirklich dahintersteckt

Trauer ist ein komplexer emotionaler Zustand, der Menschen zu außergewöhnlichen, manchmal sogar verrückten Handlungen treibt. Es sind alles Taten, die dem Schmerz, der Verwirrung oder dem Verlust Ausdruck verleihen. Und manche Menschen finden dafür unkonventionelle Wege, um mit ihrer Trauer umzugehen. 

 

Trauer ist eine der intensivsten menschlichen Erfahrungen und betrifft uns alle. Sie verändert unser Denken, Fühlen und Handeln. Die Psychologin Elisabeth Kübler-Ross entwickelte ein Modell, das die fünf Phasen der Trauer beschreibt: Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. In jeder dieser Phasen kann es vorkommen, dass Trauernde ungewöhnliche oder irrationale Dinge tun. 

Warum Trauernde manchmal verrückte Dinge tun

Manche versuchen verzweifelt, den Verlust rückgängig zu machen, andere wenden sich ungewöhnlichen Ritualen oder Aktivitäten zu, um sich mit ihrem Schmerz auseinanderzusetzen. Das Modell gilt in der Wissenschaft mittlerweile als überholt, ebenso wie die Überlegungen von Sigmund Freud aus seinem Werk “Trauer und Melancholie”.

Manche Menschen tun verrückte Dinge, andere befürchten verrückt zu werden

Trauer sucht bei Menschen also unterschiedliche Wege, um sich auszudrücken: Manche Menschen tun verrückte Dinge, andere wiederum glauben verrückt zu werden. 

Viele Fachleute sind heute der Ansicht, dass Menschen, deren Gedanken ständig um den Verstorbenen kreisen, ein erhöhtes Risiko haben, aus dem emotionalen Ausnahmezustand keinen Ausweg mehr zu finden. Im schlimmsten Fall kann die Trauer krankhafte Züge annehmen. Auch wenn das Auf und Ab der Emotionen Sorgen um die eigene psychische Gesundheit weckt, handelt es sich in den meisten Fällen nicht um einen krankhaften Zustand, sondern um eine normale Reaktion. 

Doch wann sind Sorgen um das eigene Wohlbefinden berechtigt? Entscheidend ist, ob die Trauer auch nach längerer Zeit – Experten sprechen von 14 bis 16 Monaten – weiterhin stark den Alltag beeinträchtigt. Etwa sieben Prozent der Trauernden erleben eine pathologische Form der Trauer. Andere Schätzungen gehen von zehn bis 20 Prozent aus.

Psychische Probleme als Folge der Trauer

Die Verarbeitung eines Verlustes hängt von verschiedenen Faktoren ab: den Umständen des Todes, der Art der Beziehung zum Verstorbenen, dem Alter und Geschlecht sowie der eigenen Persönlichkeit. Boerner betont, dass ein Faktor besonders bedeutsam ist: frühere psychische Schwierigkeiten. Menschen, die bereits vorher emotional instabil waren, haben demnach größere Schwierigkeiten, einen Verlust zu bewältigen.

Ghostbikes als kreativer Ausdruck von Trauer

Und Menschen suchen verschiedene Wege, um ihrer Trauer oder den (sinnlosen) Tod eines Menschen zu würdigen. Einen kreativen Weg fanden Unbekannte, als sie vor einigen Jahren sogenannte “Ghostbikes” (Geister-Fahrräder) an mehreren Kreuzungen in Karlsruhe aufstellten, um an die tragischen Unfälle zu erinnern, bei dem Radfahrer ums Leben gekommen sind. Das weiße Fahrrad, festgemacht an einem Laternenpfahl, wurde von vielen Passanten als ein stilles Mahnmal für den Verstorbenen wahrgenommen. 

Obwohl es eine einfache Geste war, verlieh das Geisterrad der Trauer eine greifbare Form. Auch wenn das Aufstellen eines solchen Rades nicht unbedingt „verrückt“ erscheinen mag, zeigt es doch, wie Menschen in ihrer Trauer kreative Wege finden, um das Andenken an Verstorbene zu bewahren.

Einfache Wege, um zu trauern

Es sind nicht nur diese großen, sichtbaren Wege, die der Trauer Ausdruck verleihen. Es gibt auch viele andere Möglichkeiten:

Kreative Wege der Trauer bieten eine einfühlsame Möglichkeit, mit dem Schmerz des Verlustes umzugehen und die eigenen Gefühle auszudrücken. Für viele Trauernde ist das Schreiben ein wertvolles Ventil, sei es in Form von Tagebüchern, in denen sie ihre Gedanken ordnen, oder durch Briefe an den Verstorbenen, die einen fortwährenden Dialog ermöglichen. 

Auch künstlerische Ausdrucksformen wie Malerei oder Bildhauerei können heilsam wirken. Farben und Formen erlauben es, Emotionen visuell darzustellen, für die Worte oft nicht ausreichen.

Musik ist ein weiterer kraftvoller Weg, um Trauer zu verarbeiten. Ob durch das Hören bestimmter Lieder, die eine Verbindung zu dem Verstorbenen herstellen, oder durch das eigene Musizieren – Musik bietet Trost und kann auf emotionaler Ebene tief berühren. 

Für manche Trauernde bietet auch körperlicher Ausdruck, wie Tanz oder Bewegung, eine befreiende Möglichkeit, ihre Gefühle zu verarbeiten. Durch den körperlichen Ausdruck von Trauer kann der emotionale Schmerz auf einer nonverbalen Ebene verarbeitet werden. Auch ehrenamtliches Engagement oder das Mitwirken in Gedenkprojekten kann helfen, dem Verlust eine positive Wendung zu geben und das Gefühl von Verbundenheit und Sinnhaftigkeit zu stärken.

Viele Dinge sind gar nicht verrückt

Abschließend lässt sich sagen, dass verrückte Dinge, die Trauernde tun, nicht unbedingt als „verrückt“ im klassischen Sinne betrachtet werden sollten. Vielmehr spiegeln sie die verzweifelte Suche nach Sinn, Trost und einem Weg wider, die Lücke zu füllen, die der Tod hinterlassen hat.