wenn Barrierefreiheit auf dem Friedhof beginnt
Friedhöfe sind besondere Orte. Sie geben Raum für Stille, für Trauer, für ein Zwiegespräch mit dem Menschen, der gegangen ist. Sie sind nicht nur Grabstätten, sondern auch Lebensorte – für die Erinnerung, für das Gedenken, für ein Stück Nähe, das bleiben darf.
Als Bestatter sehe ich täglich, wie wichtig dieser Raum für viele ist. Und ich sehe auch: Nicht jeder kann ihn problemlos betreten. Für Menschen mit Gehhilfen, im Rollstuhl, mit eingeschränkter Mobilität oder Sinnesbehinderung stellt ein Friedhof schnell eine Hürde dar – statt ein Ort der Ruhe zu sein, wird er zur Herausforderung. Doch Abschied sollte kein Privileg sein. Erinnerung braucht Zugänglichkeit. Für alle.
Der Hauptfriedhof Karlsruhe ist dafür ein gelungenes Beispiel. Er zeigt, wie sich Tradition, Geschichte und Natur mit modernen Anforderungen an Barrierefreiheit verbinden lassen. Hier wird sichtbar, wie Erinnerung für alle erfahrbar bleibt – nicht als Ausnahme, sondern als gelebte Selbstverständlichkeit.

Ein Friedhof mit Geschichte – und mit Blick nach vorn
Seit 1873 ist der Hauptfriedhof Karlsruhe eine der bedeutendsten Begräbnisstätten der Stadt. Mit seinen über 30 Hektar Fläche gehört er zu den größten Friedhöfen Süddeutschlands. Die großen Alleen, die historische Kapelle, der alte Baumbestand und die vielfältigen Grabfelder erzählen Geschichten – von Menschen, von Familien, von Karlsruher Stadtgeschichte.
Doch der Friedhof ist kein Ort, der in der Vergangenheit stehen bleibt. Vielmehr entwickelt er sich weiter – auch im Sinne der Barrierefreiheit. Weil klar ist: Erinnerung endet nicht an der Bordsteinkante.
Barrierefrei erreichbar – schon ab der Haltestelle
Wer den Hauptfriedhof besuchen möchte, muss keine weiten Wege in Kauf nehmen. Die Haltestelle „Hauptfriedhof“ ist direkt am Haupteingang gelegen und gehört zu den barrierefreien Haltestellen der Verkehrsbetriebe Karlsruhe. Die Tramlinien 3 und 4 halten hier regelmäßig – beide mit Niederflureinstieg, Rampensystemen und einem dichten Takt, der auch älteren oder mobilitätseingeschränkten Menschen einen Besuch ohne große Planung ermöglicht.
Die Wege vom Bahnsteig zum Friedhofseingang sind eben, mit niedriger Bordsteinkante, gut befahrbar mit Rollstuhl oder Rollator – ein kleines, aber wichtiges Detail für viele, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.
Wege, die verbinden – und nicht ausgrenzen
Das Gelände des Hauptfriedhofs ist weitläufig, aber übersichtlich. Die Hauptwege sind breit, geschottert oder asphaltiert, und so auch mit dem Rollstuhl gut befahrbar. Viele Sitzbänke entlang der Wege laden zum Ausruhen ein. Die Beschilderung ist klar und kontrastreich. Und: Wer weiter entfernt liegende Gräber besuchen möchte, kann das mit Unterstützung tun.
Ein besonderes Angebot ist der sogenannte Friedhofsmobil-Service, der älteren oder gehbehinderten Menschen den Weg zur Grabstelle erleichtert. Mit einem kleinen Fahrzeug – gelenkt von Ehrenamtlichen – wird der Fahrgast auf Wunsch direkt zu „seinem“ Ort gebracht. Die Nutzung ist kostenfrei, aber unbezahlbar für jene, die sonst nicht mehr an das Grab kommen könnten.
Viele Angehörige, die wir begleiten – ob aus Karlsruhe, Linkenheim‑Hochstetten, Graben‑Neudorf, Stutensee oder Germersheim – erzählen uns, wie entlastend dieses Angebot ist. Es macht aus einem beschwerlichen Weg wieder einen persönlichen Moment der Nähe.
Abschiedsräume ohne Stufen – ein Zeichen des Respekts
Die große Trauerkapelle im Zentrum des Friedhofs ist ein Ort von architektonischer Schönheit – und war doch lange Zeit nicht barrierefrei. Menschen im Rollstuhl mussten draußen bleiben oder sich auf Hilfe verlassen. Inzwischen ist das anders: Ein diskret integrierter Hebelift ermöglicht nun allen den Zugang zur Kapelle. Die Würde des Raumes bleibt erhalten, und die Würde des Besuchs ebenfalls.
Auch in der kleinen Kapelle und im Verwaltungsgebäude wird an barrierearme Wege gedacht. Zugängliche Toiletten, kontrastreiche Leitsysteme, akustische Orientierungshilfen – vieles wurde bereits verbessert, manches ist noch in Planung. Wichtig ist: Der Wille zur Inklusion ist sichtbar – nicht als Pflicht, sondern aus Überzeugung.
Moderne Grabfelder – auch als neue Orte der Offenheit
Der Hauptfriedhof Karlsruhe bietet heute verschiedene Bestattungsformen an – vom klassischen Familiengrab über Rasengräber bis hin zu Urnengemeinschaftsfeldern oder gärtnerbetreuten Grabanlagen. Besonders beliebt sind neue Bereiche wie „Mein letzter Garten“ – ein landschaftlich gestaltetes Urnengrabfeld, das durch klare Wege, niedrige Pflanzungen und gute Orientierung auch Menschen mit Einschränkungen den Zugang erleichtert.
Solche neuen Felder entstehen nicht zufällig, sondern auf Wunsch der Stadtgesellschaft. Menschen möchten Grabstätten, die pflegeleicht, aber nicht anonym sind. Orte, die erreichbar bleiben, auch wenn die Kräfte schwinden. Und: Plätze, an denen man sich auch dann noch zurechtfindet, wenn man nicht mehr gut sieht, hört oder läuft.
Erinnerung ist mehr als ein Besuch
Als Bestatter erleben wir häufig, dass Angehörige sich lange nach der Beisetzung fragen: „Wie soll ich dort noch hinkommen?“ Oder: „Was ist, wenn ich eines Tages selbst nicht mehr laufen kann?“
Solche Fragen sind verständlich. Und sie verdienen Antworten. Barrierefreiheit auf dem Friedhof bedeutet, diese Sorge ernst zu nehmen. Wer weiß, dass er oder sie den Ort der Erinnerung weiterhin besuchen kann – sei es mit Fahrdienst, mit Hilfe, mit einfachen Wegen – der trauert freier.
Wir begleiten oft Familien, in denen Generationen betroffen sind: Ältere Ehepartner, die das Grab des geliebten Menschen besuchen wollen. Kinder, die mit dem Rollstuhl zur Urnenwand möchten. Freunde, die schlecht sehen, aber trotzdem regelmäßig kommen. Jeder Mensch soll trauern dürfen – ohne um Erlaubnis zu bitten, ohne Hilfe einfordern zu müssen.
Der Friedhof als öffentlicher Raum – nicht nur für Trauer
Der Hauptfriedhof ist nicht nur ein Ort der Toten, sondern auch ein Raum für das Leben. Viele Menschen nutzen ihn wie einen Park – zum Spazierengehen, zum Innehalten, zum Nachdenken. Gerade deshalb ist Barrierefreiheit so wichtig: Denn sie ermöglicht Teilhabe. Wer hier geht, sitzt, steht oder spricht, soll sich willkommen fühlen – ob jung oder alt, gesund oder krank, in Trauer oder einfach in Stille.
Der Friedhof wird dann zum Ort, der verbindet – jenseits von Alter, Herkunft oder körperlichen Voraussetzungen. Und genau das ist sein tiefstes Potenzial.
Wenn wir begleiten, denken wir an alle
Bei Schütz Bestattungen ist es selbstverständlich, bei der Planung einer Bestattung auch an die Erreichbarkeit des Friedhofs zu denken. Wir beraten dazu, welche Wege gut begehbar sind, wo sich barrierearme Grabfelder befinden, wie Trauerfeiern auch mit Rollstuhl oder Gehhilfe erreichbar sind. Und wir überlegen gemeinsam mit den Angehörigen: Was brauchen die Menschen, die kommen?
Oft sind es kleine Dinge, die große Wirkung haben. Eine Trauerfeier nicht an der Steigung, sondern im ebenen Teil des Friedhofs. Eine Begleitperson für ältere Gäste. Eine Mikrofonanlage, die auch in der hinteren Reihe verständlich ist. Oder einfach: eine Bank, auf der man zwischendurch sitzen kann.
Erinnerung darf kein Luxus sein. Sie ist ein Recht. Und Barrierefreiheit ist der Schlüssel dazu.
Ein Ausblick – für mehr Teilhabe in der Erinnerungskultur
Der Hauptfriedhof Karlsruhe ist nicht perfekt. Aber er ist auf einem sehr guten Weg. Und er zeigt, wie eine Stadtgesellschaft sich aufmacht, Erinnerung für alle zu ermöglichen. Mit Infrastruktur, mit Nachdenken, mit Herz.
Als Bestatter, der Menschen in Karlsruhe, Neureut, Eggenstein-Leopoldshafen, Linkenheim‑Hochstetten, Graben‑Neudorf, Stutensee, Germersheim und Speyer begleitet, wünsche ich mir, dass immer mehr Friedhöfe diesen Weg gehen. Denn Trauer kennt keine Barriere. Aber Menschen kennen Schwellen. Und es ist an uns, diese zu senken – mit Respekt, mit Weitsicht und mit dem tiefen Wissen: Jeder hat das Recht, sich zu erinnern.
Schütz Bestattungen
Zugänglich. Menschlich. Verlässlich – auf jedem Weg der Erinnerung.
In Karlsruhe und der Region. Auch dann, wenn der Weg etwas holprig ist.